Gemeinderat informierte sich über den Wunsiedler Weg
Auf eine Exkursion in Sachen Erzeugung, Verwendung und Wandlung erneuerbarer Energieformen begab sich der Speichersdorfer Gemeinderat Mitte Juni. Man besuchte das Unternehmen Zukunftsenergie Nordostbayern – kurz ZENOB – mit Sitz in Wunsiedel, um sich über die Arbeit, mögliche Unterstützung und Beitritt der Kommune zur Gesellschaft informieren zu lassen. Marco Krasser, Geschäftsführer der ZENOB hieß das Gremium im Info-Gebäude willkommen.
„Ihr Wunsiedeler Weg ist nicht nur landesweit in den Medien, sondern die ZENOB ist ein Paradebeispiel bekannte mit neuen Wegen in der Energiewende zu verknüpfen“, stellte Bürgermeister Christian Porsch eingangs fest. Er resümierte, dass sich die Gemeinde aus eigener Kraft bereits deutlich in Sachen regenerativer Energieerzeugung und -nutzung entwickelt hat. Doch sei man an einem Punkt angelangt, wo es einen innovativen Partner braucht, um aus eigenem Kleinen zusammen Größeres zu machen. Dies gilt vor allem aktuell deshalb, da die ZENOB nach einer Kapitalerhöhung neue Anteile an Kommunen vergeben kann, um Gesellschafter zu werden. Der Landkreis Bayreuth und die Gemeinde Bischofsgrün sind bereits dabei.
Chance auf eigenen Stromtarif
„Eine Partnerschaft mit der ZENOB könnte uns mit unserem bereits vorhandenen Energiepotential weiterbringen, um es auf kommunaler Ebene effektiver und breiter zu nutzen. Dazu gehört auch die Chance einen eigenen Stromtarif zu kreieren. Aber dazu brauchen wir einen kompetenten und erfahrenen Partner“, so das Gemeindeoberhaupt. Die Gemeinde erzeugt stromseitig derzeit rund 350 Prozent der auf der Gemeindefläche verbrauchten Energie. Davon 20 Millionen Kilowatt Strom aus dem gemeindeeigenen PV-Bürgersolarpark, der zu 51 Prozent der Gemeinde gehört. Weitere Planungen bestehen im Bereich von Windenergie-, Agri- und PV-Anlagen, Energiespeicher sowie ein Energienutzungsplan mit dem Thema Wasserstoff. Die Gemeinde hat aktuell sein eigenes Nahwärmeprojekt mit 1,8 Megawatt Leistung für insgesamt 300 Wohneinheiten mit vier kommunalen Liegenschaften, das Seniorenheim und eine kirchliche Einrichtung mit einer Leitungslänge von 2,4 Kilometer durch den Kernort begonnen. Nach dessen Realisierung werden 75 Prozent des Wärmebedarfes der kommunalen Liegenschaften regenerativ gedeckt.
Marco Krasser stellte die ZENOB vor. „Unser Ziel ist es die Energiezukunft aktiv zu begleiten. Die Veränderung darf nicht als Bürde, sondern als Chance zur Energiewende gesehen werden, um für die Bürger und auch die Gemeinde sowie die Industrie einen Vorteil mit CO2-Neutralität zu generieren. Nur mit neuen Entwicklungen in der Energietechnologie kommen wir auch wieder als Industrienation in die wirtschaftliche Poleposition“, verdeutlichte Krasser. Der Standort Deutschland muss aufgrund fehlender Bodenschätze etwas besser machen, als alle anderen, um eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung sicherzustellen.
Kommunale Energiezukunft
Energiezukunft gehört wieder ohne den Gedanken der Gewinnmaximierung in kommunale Hände, wo in einem kommunalen Zusammenschluss die Chancen für eine aktive Gestaltung dieses Wandlungsprozesses liegen. Die kommunalen Kräfte müssen deshalb besonders im Energie- und Versorgungsbereich gebündelt werden, dort wo Zusammenarbeit möglich ist. Der 53-jährige Elektroingenieur ist seit 25 Jahren der Innovationsmotor der auf den Stadtwerken Wunsiedel basierenden Unternehmen, die unter anderem in den Bereichen Wind, Solar, Nahwärmeversorgung, Speicher, Klärschlammtrocknung, Wasserstoff- und Pelleterzeugung tätig sind.
„Es gilt eine enkelfähige Umwelt aufrecht zu erhalten, aber auch die Chancen der Energiezukunft durch Einbinden der Bürger und der Wirtschaft nutzen“, ist die ZENOB-Prämisse. Die vor Ort erzeugten Energiemengen sollten deshalb auf hier verbraucht werden. Der ZENOB-Weg zeigt, dass der Standort Wunsiedel besonders in Automotive-Bereich immer attraktiver wird, weil CO2-Neutralität zunehmend als Wirtschaftsfaktor zählt. Deshalb müssen die regionalen Schwächen minimiert und die Stärken gefördert werden. Dies muss durch das Etablieren neuer Technologien und Nutzen vorhandener Infrastrukturen passieren. Dazu gehört aber auch die weitere Nutzung fossiler Brennstoffe, da es Zeit braucht die neue Technologien wie Wasserstoff ohne Brechstange im Übergang anwendungsfähig zu machen.
Entscheidung über Beitritt am 23. Juni
„Wir wollen als deutsche Wirtschaft weiter unsere Erzeugnisse exportieren und immer weniger Energie importieren. Diese wachsende Unabhängigkeit gelingt uns nur, wenn wir alle verfügbaren erneuerbaren Energien sinnvoll nutzen und mit nachwachsenden Rohstoffen intelligent vernetzen. Ziel ist es: Handle lokal und denke global“, schloss Krasser. Er verdeutlichte, dass es notwendig ist sich zu vernetzen, um im größeren Rahmen im wachsenden Energiemarkt zum Nutzen der Bürger auf kommunaler Ebene erfolgreich zu sein.
Bei einem Rundgang über das Firmengelände informierte sich das Gremium über das Portfolio des Unternehmens in dem Bereichen Holzverarbeitung und -veredelung, Wärme- und Wasserstofferzeugung mittels Elektrolyse.
Der Gemeinderat entscheidet in seiner Sitzung am 23.06.2025 über einen Beitritt zur ZENOB.